Galerie am Eulachpark

Hans Signer

Ausstellung vom 26. Mai bis 11. Juni 2017

HANS SIGNER
LOOK TWICE
FOTOGRAFIEN

Alternierende dunkle und helle Streifen füllen das Bild, sie lotsen das Auge in die Tiefe. Diese ist dennoch nicht unendlich und der Blick wird senkrecht aufgehalten, während die Linearität in diagonalen Streifen Zuflucht findet. Vorerst scheint das Gesetz der Schwerkraft machtlos zu sein, das Gesehene bleibt undefinierbar, man ist verwirrt. Doch auf den zweiten Blick, sobald das Auge ein ihm bekanntes Motiv erkannt hat, kehrt Ordnung zurück. Die Silhouette einer Person scheint sich wie ein Chamäleon mit den kontrastreichen Streifen getarnt zu haben. Die Frage nach der Materialität, nach dem Abgebildeten, bleibt offen und verliert gar an Relevanz. Das Gesetz des Lichtes hat das gesamte Bild eingenommen und eine neue Ordnung etabliert. Helligkeit und Schatten werden durch einen starken Kontrast hervorgehoben und lassen Gegenstand und Projektion ineinander verschmelzen. «In the Maze», «Im Labyrinth» (Tucson, 1992). Mit diesem Titel bringt der Fotograf Hans Signer den Inhalt seiner Fotografie auf den Punkt: Das Licht treibt ein irreführendes Spiel mit Auge und Verstand. Eine vorläufige Orientierungslosigkeit wird ausgelöst, dennoch kann diese durch eine genauere Betrachtung aufgehoben werden.

Dies ist nur eines von zahlreichen Bildern, welche in der Ausstellung Look Twice präsentiert werden. Fotograf Hans Signer und Galerist Andreas Wolfensberger laden ein, nicht nur einen Blick, sondern (mindestens) zwei Blicke auf die schwarzweissen Fotografien zu werfen. Das fotografische Schaffen des 1956 in Zürich geborenen Fotografen erstreckt sich nun schon über drei Jahrzehnte. Tatsächlich stammen die ersten Bilder aus dem Ende der 1980er Jahre, als Signer die USA kreuz und quer bereiste, beobachtete und mit seiner analogen Mittelformatkamera festhielt. Die Einflüsse von Robert Frank sind in den Sujets der Strassenfotografien zu erkennen, während die von Ansel Adams durch die Technik hervorkommen. Hans Signer hat sich die Sprache der Fotografie angeeignet und bedient sich dessen um mit Ausschnitt, Licht und Schatten Bilder zu malen. Somit handelt es sich hierbei nicht um Momentaufnahmen, sondern um komponierte bildliche Wiedergaben. Signers Fotografien finden ihren Ursprung in seiner Imagination, in welcher er sich ein Bild ausmalt. Der Prozess zieht sich anschliessend durch eine meditative Beobachtung, bestehend aus der Suche nach dem geeigneten Sujet, dem richtigen Ausschnitt, dem idealen Licht und dem perfekten Moment, um auf den Auslöser zu drücken. Darauf folgen wiederholte Abzugsversuche und Experimente in der Dunkelkammer. Solange, bis genau das Bild auf dem Fotopapier erscheint, welches Signer zu Beginn vor dem inneren Auge sah.

Look Twice rückt somit die Fotografie als gestalterisches Kunstmedium ins Zentrum. Bekannte Sujets aus der Realität werden durch das Lichtspiel verzerrt und wirken mal vertraut und nostalgisch, mal entfremdet und ungreifbar. Ob nun das Surreale im Realen oder das Reale im Surrealen wiederzufinden ist, bleibt ganz der Betrachterin oder dem Betrachter überlassen.

Saada Elabed, April 2017